Der Wartburg 311
Oldtimerwissen: Wissenswertes zum DDR Kultmobil aus Eisenach
Rubrik: Oldtimer Youngtimer Autos
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Der Wartburg 311 hat eine sehr bewegende Geschichte. Er sorgte fast für eine Staatskrise, geriet nach der Wiedervereinigung in Vergessenheit und gehört mittlerweile zu den beliebtesten Oldtimern in Deutschland. Aber auch in Polen, der Slowakei und in Tschechien gibt es Sammler und Fans des DDR Klassikers.
Modellgeschichte
Gebaut wurde der Wartburg 311 im Zeitraum von 1955 bis 1965 im Automobilwerk in Eisenach. Auch besser als EMW bekannt. Es fehlte in den 50er Jahren ein Folgeauftrag für den IFA F9. Das war die letzte Entwicklungsstufe vom DKW. Deshalb wurde heimlich, ohne einen staatlichen Auftrag zu bekommen, ein völlig neues Fahrzeug entwickelt.
Das war für die damalige Regierung ein Skandal. Es dauerte etwas länger, bis die zuständigen Minister von der Idee überzeugt wurden. Allein dieser Umstand ist schon eine Besonderheit des Wartburg 311. Dieses Fahrzeugmodell war für die damaligen Verhältnisse recht luxuriös ausgestattet und in der unteren Mittelklasse angesiedelt.
Der Wartburg 311 ist ein sehr bemerkenswertes Fahrzeug mit einigen ungewöhnlichen Eigenarten.
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Motor Technik
Bei dem Motor handelt es sich um einen Dreizylinder-Zweitaktmotor. Im Produktionszeitraum von 1955 bis 1962 hatte er einen Hubraum von 900 Kubikzentimeter. Dieser leistete 37 PS mit einem maximalen Drehmoment von 83 Nm bei einer Motordrehzahl von 2.200 Umdrehungen pro Minute. Das Mischungsverhältnis von Kraftstoff und Zweitaktöl betrug bei dieser ersten Motorengeneration 1: 25.
Besonders interessant an diesem Motor war die Kühlung. Es handelte sich um eine sogenannte Thermosyphonkühlung. Diese benötigt weder eine Kühlmittelpumpe noch einen Thermostat. Durch den Kühlergrill gelangt der Fahrtwind an den Motor. Dieser wird umströmt und in dem dahinter angebrachten Kühler abgekühlt.
Dazu wurde ein einfaches physikalisches Prinzip angewendet. Warmes Wasser steigt nach oben und kaltes Wasser nach unten. Auf diese Weise hielt sich die Motortemperatur immer in einem passenden Bereich. Die Kühlung funktionierte jedoch nur, wenn in einer gewissen Geschwindigkeit gefahren wurde. Läuft der Motor im Stand oder kann aufgrund der Verkehrslage nur langsam gefahren werden, überhitzt der Zweitaktmotor sehr schnell.
In der ehemaligen DDR gab es so gut wie nie Staus, in denen es passieren konnte. Die Probleme wurden erst offensichtlich nach der Wiedervereinigung. Als die ersten Wartburg 311 in den westdeutschen Staus gelangten, gab es viele Überhitzungen. Deshalb haben viele Hobbyschrauber und Wartburg-Liebhaber den Motor mit einem zusätzlichen Ventilator ausgestattet. Dieser sorgte dann auch bei langsamer Fahrt oder im Stau, für eine ausreichende Kühlung des Motors.
Vorteile: Ein großer Vorteil vom Wartburg 311 besteht darin, dass die Technik recht einfach gestaltet ist. Daher können Hobbyschrauber viele Reparaturen in Eigenregie ausführen.
Ab dem Jahre 1962 wurde der Hubraum auf 992 Kubikzentimeter erhöht. Daher stammte auch die umgangssprachliche Bezeichnung 1000er Wartburg. Mit diesem Motor wird eine Leistung von 45 PS erzielt.
Verbrauch & Fahrleistung
Der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch vom Wartburg 311 liegt bei etwa 9,6 Liter auf 100 Kilometer. Dieser relativ hohe Verbrauch liegt am Zweitaktmotor. Die Kraftübertragung erfolgt über ein manuelles Vierganggetriebe. Bis zum Baujahr 1958 war es nicht synchronisiert. Der Fahrer musste deshalb bei jedem Schaltvorgang zwischenkuppeln und zwischengas geben. Bei allen Wartburg 311, die zwischen 1958 und 1965 gebaut wurden, gab es ein teilsynchronisiertes Schaltgetriebe. Der zweite, dritte und vierte Gang waren synchronisiert. Nur der erste Gang nicht. Dadurch wurde ein deutlich höherer Fahrkomfort erzielt.
Die Höchstgeschwindigkeit beträgt je nach Ausführung zwischen 115 und 140 km/h. Mit dem Wartburg 311 waren daher schon recht ansehnliche Fahrwerte zu erzielen.
Karosserievarianten
Der Wartburg 311 wurde in verschiedenen Karosserievarianten gebaut.
Die Limousine auch als Rechtslenker Ausführung (Typ 311/6).
- Limousine Typ 311/0 Standard
- Luxuslimousine Typ 311/1
- Sportwagen Typ 313/1
- Cabrio Typ 311/2
- Coupé Typ 311/3
- Campinglimousine 311/5
- Polizeiwagen / Kübelwagen Typ 311/4 (Volkspolizei)
- Campinglimousine mit Faltdach Typ 311/5
- Pick-up Typ 311/7
- Faltdachlimousine Typ 311/8
- Kombi Typ 311/9
Es gibt wohl kaum ein anderes deutsches Fahrzeugmodell, das in solch vielen Karosserievarianten produziert wurde.
Da sämtliche Karosserievarianten auf identischen Chassis aufgebaut sind, unterscheiden sich die Maße und Gewichte kaum. Hier folgt eine Übersicht:
- Länge: 4.300 mm
- Breite: 1.570 mm
- Höhe: 1.450 mm
- Radstand: 2.450 mm
- Gewicht: 960 Kg
Die Luxuslimousine hat die Bezeichnung Wartburg 311/1. Sie zeichnet sich durch die zweifarbige Lackierung sowie durch Chromleisten aus. Im Innenraum waren die Türgriffe zu Armlehnen geformt. Zudem gab es verstellbare Rückenlehnen und hochwertige Sitzbezüge. Dieses Modell wurde etwa 55.000-mal verkauft.
Das Cabriolet Wartburg 311/2 ist mit zwei Türen und vier Sitzplätzen ausgestattet. Die Sitze sind aus echtem Leder und somit sehr luxuriös gestaltet. Von dieser Variante wurden allerdings nur ungefähr 2.700 Stück verkauft. Die Hersteller entschlossen sich anstatt des Cabrio lieber das Coupé zu produzieren. Dieses hat die Bezeichnung Wartburg 311/3. Die Coupés wurden anfangs dreifarbig lackiert und sahen daher recht sportlich aus. Später wurde die Produktion nach Dresden verlegt. Dort entschloss man sich auf eine zweifarbige Lackierung zu wechseln, die ebenfalls recht beeindruckend wirkt. Vom Wartburg Coupé 311/3 wurden nur knapp 5.500 Fahrzeuge hergestellt.
Eine Erweiterung des Cabrio war der Polizeiwagen, der die Typenbezeichnung Wartburg 311/4 erhielt. Von diesem Modell wurden jedoch nur knapp 800 Exemplare gebaut. Daher sind es schon Raritäten. Genauso wenige Autos wurden mit der Modellbezeichnung Wartburg 311/6 produziert. Das ist eine Limousine mit Lenkung auf der rechten Seite. Sie war für den Export in Länder gedacht, in denen Linksverkehr herrscht. Da die Nachfrage jedoch ausblieb, wurden von dieser Variante ebenfalls nur wenige Exemplare gebaut.
Nach dem Ende der Produktion im Jahre 1965 folgt für zwei Jahre lang die Herstellung des Nachfolgemodells Wartburg 312.
Interessante Wartburg 311 Kombis
Während des Produktionszeitraums des Wartburg 311 waren Kombis nicht unbedingt als Familienfahrzeuge angesehen. Sie galten eher als Nutzfahrzeuge und wurden daher vorwiegend von Handwerkern bevorzugt. Doch dann kam die Campinglimousine mit Faltdach auf den Markt. Die interne Typenbezeichnung lautet Wartburg 311/5. Im Grunde genommen war es nichts anderes als ein Kombi. Es wurde seinerzeit jedoch eine recht luxuriöse Ausstattung angeboten. Dazu gehören unter anderem die Panoramascheiben. Zudem lassen sich die Sitzlehnen umklappen, sodass eine ebene Liegefläche entsteht. Dadurch waren diese Fahrzeuge durchaus für einen Campingurlaub geeignet.
Dieses Modell ist vergleichbar mit dem Wartburg 311/9. Bei diesem handelt es sich jedoch um einen richtigen Kombi, also um ein Nutzfahrzeug im wörtlichen Sinn. Obwohl es von diesem Modell mehr als 23.000 Stück gab, sind kaum noch Exemplare erhältlich. Das liegt daran, weil sich die Besitzer von Nutzfahrzeugen zumeist nicht so liebevoll um die Fahrzeuge gekümmert haben wie die Eigentümer der Campinglimousinen. Von diesen wurden nur etwa 8.000 Autos hergestellt. Trotzdem sind noch zahlreiche Campinglimousinen auf dem Oldtimer Markt zu bekommen.
Zur Reihe der Kombis kann auch der Pick-up gezählt werden. Dieser wurde offiziell als Schnelltransportwagen Wartburg 311/7 bezeichnet. Der Unterschied zu dem Kombi besteht nur darin, dass dieses Modell keinen geschlossenen Laderaum, sondern eine offene Ladefläche hat. Knapp 5.000 Pick-ups wurden innerhalb des Produktionszeitraums hergestellt.
In der damaligen DDR wurde der Wartburg auch als Polizeifahrzeug eingesetzt. In den typischen Farben grün-weiss.
Der Wartburg 313 Sport
Der Wartburg 313 Sport wurde von 1957 bis 1960 produziert. Von diesem sportlichen Modell wurden allerdings nur 469 Stück hergestellt. Das Fahrzeug basierte auf dem Chassis des Wartburg 311. Allerdings wurde die Motorhaube verlängert und mit seitlichen Lufteinlässen ausgestattet. Da der Platz für die lange Motorhaube im Innenraum fehlte, wurde ein Zweisitzer daraus. Dieses beeindruckende Modell wurde im Jahre 1958 in New York auf der Imported Car Show zum schönsten europäischen Pkw prämiert.
Unterschiede des Wartburg 313 Sport zur Standardvariante
Der größte Unterschied ist die Karosserieform. Während die Standardvariante in der unteren Mittelklasse angesiedelt ist, gehört der Wartburg 313 Sport zur Mittelklasse. Es ist ein windschnittiger Roadster mit abnehmbarem Hardtop. Später kam auch eine Variante mit einem Faltdach hinzu. Dieses Modell wurde von einigen prominenten Menschen in der DDR gefahren. 143 Fahrzeuge dieses Typs gingen in den Export. Acht Modelle vom Typ Wartburg 313 Sport wurden sogar in die USA exportiert. Das war seinerzeit schon etwas ganz Besonderes.
Ein weiterer großer Unterschied zur Standardvariante ist die höhere Motorleistung. Dieser Sportwagen leistet aus dem 0,9 Liter Zweitaktmotor 50 PS. Damit wird eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h erzielt. Für die damaligen Verhältnisse war es schon fast ein Rennstreckenniveau.
Besonderheiten des Wartburg 313 Sport
Die größte Besonderheit besteht darin, dass es ein Sportwagen ist. Das widerspricht im Grunde genommen der Grundeinstellung eines sozialistischen Staates. Ein Fahrzeug, das nicht nur der Mobilität dient, sondern eher als Statussymbol gilt, ist recht ungewöhnlich in einer solchen Staatsform. Aber genau dieser Aspekt übte auf viele Interessenten einen großen Reiz aus.
Im Bereich der Technik ist der Sportwagen vergleichbar mit den Standardvarianten vom Wartburg 311. Es war auch geplant, ein Nachfolgemodell für den Wartburg 313 Sport zu bauen. Dieser sollte sogar einen wassergekühlten Motor mit 60 PS Leistung bekommen. Doch daraus wurde dann doch nichts. Es fiel die Entscheidung, dass lieber Autos gebaut werden sollten, die sich jeder Bürger leisten konnte.
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